Liebeszauber in Bosnien

Noch heute trägt man zum Beispiel in Anatolien verstohlen Fledermausknochen als Liebeszauber bei sich, und in Bosnien hoffen junge Mädchen, die Liebe eines Burschen zu erregen, wenn sie ihn durch den durchlöcherten Flügel einer Fledermaus ansehen.




Zahlreich sind die Anwendungen der Fledermaus zum Liebeszauber in Bosnien. Man trägt ein solches Tier entweder bei sich, oder man schüttet einige Tropfen seines Blutes in ein Getränk, das man der Geliebten verabreicht und das auf diese Weise zum Liebestrank wird. Oder aber man befeuchtet ein Tuch mit Fledermausblut und legt es unter das Haupt oder das Kopfkissen der Person, deren Liebe man begehrt. Eine besondere Rolle spielt wiederum das Herz des Tieres, das, getrocknet, zu Pulver zerrieben und in ein zu verabreichendes Getränk geschüttet wird. In Bosnien und in der Herzegowina werden Haare der Tiere in Kaffee gegeben.


In Velika Kladuša giebt die Maid dem Jünglinge heimlich drei Haare einer Fledermaus im Kaffee zu trinken. Auch wird es für sehr wirksam gehalten, wenn das Mädchen mit einer Fledermaus, die hier ebenfalls für ein blindes Tier gilt – sie heisst slijepi miš, die blinde Maus — den Burschen unbemerkt dreimal umkreist. Auf diese Weise wird er geblendet.


In Foča tödtet man die Fledermaus und lässt einige Tropfen des Blutes in den Kaffee desjenigen fallen, der bezaubert werden soll.


In Sarajevo sagen namentlich die Mädchen, dass jedes Haus glücklich sei, in welchem sicheine Fledermaus, ob lebend oder todt, befindet. Die Kaufleute hängen eine in Schildkrötenplatten gewickelte Fledermaus in ihrem Laden auf, damit ihnen die Kunden wie blind zuströmen.

Die bosnier Mädchen zaubern sich folgendermassen ihren Liebsten herbei: Abends vor dem Akscham, sobald Sterne den Himmel bedecken, erwählt sich das Mädchen ein blinkendes Sternlein auf jener Seite, woselbst sich ihr Geliebter (Aschik) befindet, und in den Stern blickend, sagt sie Folgendes:



»Gottes Friede mit dir, mein Stern, bringe mir ein Geschenk:

des Geliebten Polster und die Weltdecke (den Himmel).

Du goldenes Schwesterlein, wo immer du meinen Mujo findest,

erobere mir sein Herz und bring' es mir!

Nach diesen Worten berührt sie mit der Hand die Erde, und dieselbe anstarrend, setzt sie fort:

»Schwarze Mutter Erde, dieser Zauberspruch vollziehe sich weder an dir, noch an mir, weder am bebauten Garten, noch an den gesetzten Obstbäumen, weder an den gelben Schafen, noch an den Kühen, sondern an Mujo und Mujos Herzen, an seiner Leber, seinen siebenundsiebzig Nerven, achtundachtzig Gelenken, neunundneunzig Gebeinen und an seinem Geiste und Verstande und an seinem Herzen und dem Hauptnerv, an dem das Herz ihm hängt; wo immer hin er seine Schritte lenken mag, denke er an mich. Kommt er aber nicht zu mir, um tausend und ein Wort mit mir zu wechseln, möge er zugrunde gehen, verenden.

Daraufhin haucht sie dreimal nach jener Seite, wo ihr Liebster weilt.

Weilt das Mädchen im Garten, reisst sie einen Grashalm aus der Erde und sagt :

Wo ich schreite, schlucke ich Gräser:
hinter mir wickelt sich die Seide ab (blickt hinter sich);
aus dem Munde tropfen Perlen ( schaut vor sich hin);
vorne bin ich eine ich eine Vila.
Die ganze Welt hab' ich verhext:
am Wege den Wanderer,
im Glücke den Glücklichen,
am meisten jedoch meinen Zukünftigen!

Das Mädchen geht an den Bach und spricht:

Selam alek (Gottes Gruss) Wasser und am Wasser drei goldene Mulden:
die eine aus Honig,
die zweite aus Milch und die dritte aus Spiegelglas.
Aus der Honigmulde hab' ich mich gewaschen,
mit der Milchmulde mich abgewischt,
in der Spiegelmulde mich angesehen!

Ein Schlag mit dem Wasser ins Gesicht und flugs geht's nach Hause, ohne sich umzublicken.

Begibt sich das Mädchen in Gesellschaft zum Spinnen oder sonst wohin unter ihresgleichen, dann spricht sie beim Fortgehen:

Ich erdröhne gleich dem Berge und fliege wie das Wasser:
man erwartet mich wie einen Beg.
Alles staunt mich an wie einen bosnischen Pascha,
am meisten aber mein Liebster und Zukünftiger.

Hierauf haucht sie nach jener Seite, wohin sie abgeht.

In die Bosnien das Mädchen steckt sich am Tage des Neumonds drei weiße Bohnen in jede Achselhöhle und in ihre Scham, zieht sich nackend aus und wirft in diesem Zustande die Bohnen in die lodernde Glut mit den Worten:

Wie diese Bohnen krachen, so möge mein Liebster mit mir (krachen = Beischlaf vollziehen), veledalin amin!.